Nachdem die Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 Fahrt aufnahm, zerplatzten unsere Reisepläne reihenweise: So wurden uns nacheinader unsere bereits gebuchten Reisen nach Dortmund, Kiev, Budapest, Leipzig, Nürnberg, London und Berlin gecancelt. Vorbei war es mit den Reiseträumen 2020. Doch nach der anfänglichen Frustation rappelten wir uns auf und sagten uns: „Every challenge is an opportunity“ – und diese Opportunity mussten wir nutzen!
Eine dieser Chancen war Island, das aufgrund der Pandemie ebenfalls seine Grenzen geschlossen hatte und nur Einwohnern aus den Schengen-Staaten die Einreise gestattete. Diese mussten zwar direkt nach der Einreise einen Corona-Test am Flughafen machen, aber das sollte ja kein Problem sein. In der Hoffnung auf ein nicht zu volles Island buchten wir also einen Flug von Frankfurt nach Reykjavík und einen Campervan für einen 12-tägigen Roadtrip über die Vulkaninsel.
Prolog: Neue Regeln drei Tage vor unserer Anreise
Drei Tage vor unserer Reise wendete sich dann das Blatt. Denn erstens kommt es anders – und zweitens als man denkt. Aufgrund der steigenden COVID-19-Infektionszahlen in ganz Europa änderte Island seine Einreisebestimmungen: Ab sofort mussten Einreisende zwei COVID-19-Tests nach der Anreise machen und sich dazwischen fünf Tage in Quarantäne begeben.
„Das war es dann wohl mit Island“, war unser erster Gedanke, „nun fällt die achte Reise in Folge der Corona-Pandemie zum Opfer“. Denn wir hatten den Camper nur für 12 Nächte, nach 5-6 Tagen Quarantäne hätten wir kaum noch Zeit für den Road Trip. Aber nachdem wir uns vom ersten Schock erholt hatten, war unser zweiter Gedanke: „COVID-19, du kannst uns mal!“ – und das Umbuchen begann!
Wir setzten uns mit Fluggesellschaft und Camperverleih in Verbindung und versuchten, eine Lösung zu finden. Da unsere Flüge bereits mehrfach gecancelt und verschoben wurden, war es kein Problem die Flüge kostenlos umzubuchen. Der Camperverleih kam uns ebenfalls sehr entgegen, wir konnten den Camper sechs Tage länger haben, zu einem Aufpreis von nur 150€. Außerdem bekamen wir eine Liste mit Unterkünften, die für die fünf- bis sechstägige Quarantäne geeignet waren. Darin wurden wir schnell fündig, denn durch die Änderung der Einreisebestimmungen rollte eine Stornierungswelle über Island und sämtliche Unterkünfte waren extrem günstig. Das Beste war allerdings: Da wir beide die Möglichkeit hatten, im Home-Office zu arbeiten und unsere Arbeitgeber uns erlaubten, dies auch von Island zu tun, gingen uns noch nicht mal wertvolle Urlaubstage für die Quarantäne flöten! Every challenge is an opportunity!
Icelandair
Am 22. August um 13:55 Uhr hoben wir also wie ursprünglich geplant in einer spärlich gefüllten Maschine von Icelandair in Frankfurt ab. Beim Check-In sagte man uns schon, dass fast alle Tickets des ausgebuchten Fluges in den vergangenen Tagen storniert wurden und wir viel Platz haben werden. Mit uns im Flugzeug waren schießlich etwa 10 weitere Menschen. Wir verzichteten auf unsere auf der Bordkarte abgedruckten Sitzplätze und setzten uns auf die freien Notausgangsplätze mit extra Beinfreiheit. Während des gesamten Fluges mussten wir einen Mund-Nasenschutz tragen und es gab keinerlei Service an Bord. Nach gut drei Stunden Flug landeten wir schließlich am internationalen Flughafen in Keflavík.
Duty Free Iceland
Dort angekommen ging es erstmal zum Duty Free Iceland, wo wir unsere Freigrenzen voll ausschöpften und steuerfrei Bier und Schnaps kauften. Denn erstens sind die Steuern auf Alkohol in Island extrem hoch und zweitens mussten wir nach unserer Einreise auf direkten Weg in Quarantäne und durften keine Supermärkte oder ähnliches besuchen – und irgendwie mussten wir die langen Quarantäne-Abende ja rumkriegen. Alkohol könnt ihr auf Island (neben dem Duty Free) übrigens nur in den staatlichen Vínbúðin kaufen.
Erster COVID-19-Test
Dann ging es weiter zum ersten COVID-19-Test, den wir vorher online „gebucht“ und bezahlt hatten. Wartezeiten gab es aufgrund der wenigen Einreisenden keine. Kurz Personalausweis und den QR-Code unserer Buchung gezeigt und schon bekamen wir ein Stäbchen in Rachen und Nase gesteckt. Anschließend gab es noch ein paar Hinweise und einen Aufklärungsbogen für die Quarantäne und wir durften einreisen.
GO Campers
Vor dem Flughafen wartete bereits unser Camper Van von GO Campers. Wir hatten uns für einen nagelneuen 2020er Automatik-Camper für 3 Personen entschieden. Denn Automatik ist bei den langen Strecken in Island einfach entspannter und im 3-Personen-Camper sollten wir es zu zweit doch recht komfortabel haben.
Im Camper befand sich ein Kühlschrank, ein Waschbecken mit fließendem Wasser, eine Webasto-Standheizung für kalte Nächte und eine Sitzecke mit Tisch, die zu einem großen Bett umgebaut werden konnte. Auch bei der Ausstattung kam GO Campers uns entgegen und wir bekamen kostenlos zwei Schlafsäcke und einen mobilen WiFi-Router mit unlimitiertem Datenvolumen dazu. Letzterer hätte eigentlich 15€ pro Tag gekostet, ist aber aufgrund der sehr schlechten Netzabdeckung von Nova Iceland nicht zu empfehlen. In weiser Vorraussicht hatte ich mir am Flughafen eine Prepaid-Simkarte von Siminn für mein Smartphone gekauft, die wesentlich besser funktionierte.
GPS: 64.076437°, -21.944567° (OpenStreetMap, Google Maps)
Tyr Apartments
Auf direktem Wege ging es dann zu unserer Unterkunft in Reykjavík, wo wir die nächsten sechs Tage der Quarantäne verbringen mussten, in die Tyr Apartments.
Dort angekommen richteten wir unser Homeoffice-Büro ein und orderten erstmal die teuerste Pizza unseres Lebens. Am nächsten Tag gaben wir dann eine Großbestellung beim örtlichen Netto auf, denn einkaufen gehen durften wir ja nicht. Nach nur zwei Stunden klingelte es und unsere Bestellung stand in Papiertüten vor unserer Haustür. Damit war die Versorgung für die nächsten Tage auch sichergestellt.
Quarantäneregeln
Die zum Zeitpunkt unserer Ankunft geltenden Quarantäneregeln wirkten auf den ersten Blick sehr strikt. Hier eine freie Übersetzung der damaligen Regeln vom isländischen COVID-19-Informationsportal covid.is:
- Es ist erlaubt in einer Gegend spazieren zu gehen, in der nur wenige andere Menschen anwesend sind. Ein Mindestabstand von 2m zu anderen Menschen muss dabei eingehalten werden.
- Es ist erlaubt in einem eigenen oder gemieteten Fahrzeug herum zu fahren, nicht erlaubt ist dabei der Kontakt zu anderen Menschen aus dem Fahrzeug, wie zum Beispiel bei Drive-Ins.
- Es ist nicht erlaubt Kontakt zu Menschen außerhalb des eigenen Haushalts zu haben.
- Es ist nicht erlaubt den öffentlichen Personenverkehr zu nutzen.
- Es ist nicht erlaubt Restaurants, Bars, Gyms, Schwimmbäder, Kinos, Theater sowie private oder öffentliche Veranstaltungen oder Versammlungen zu besuchen.
- Es ist nicht erlaubt Supermärkte, Apotheken oder andere Geschäfte zu betreten.
- Es ist nicht erlaubt lange Distanzen mit dem Fahrzeug zurückzulegen (zum Beispiel zwischen Städten), mit Ausnahme des direkten Weges von Ankunft in Island zur ersten Unterkunft.
- Es ist nicht erlaubt Sehenswürdigkeiten zu besuchen.
Auf den zweiten Blick war es aber eher eine „Sei vernünftig und meide Kontakte“-Quarantäne. Denn wir durften umher fahren und spazieren gehen, solange wir dabei anderen Menschen aus dem Weg gingen.
GPS: 64.143061°, -21.920021° (OpenStreetMap, Google Maps)
Heiðmörk
Diese Freiheiten der Quarantäne nutzten wir dann auch und entdecktend das Naturschutz- und Naherholungsgebiet Heiðmörk für uns, welches sich im Süden und Südwesten von Reykjavík befindet. In dem 3.200 Hektar großen Gebiet finden sich zahlreiche Wanderwege, die am Abend nach unserem Homeoffice-Tagen kaum besucht waren. Seit 1950 wurden in dem Gebiet etwa 4 Millionen Bäume angepflanzt, bis 1988 konnten 26 Baumarten angesiedelt werden. Laut Wikipedia findet man etwa 150 verschiedene wilde Blumenarten und mehr als 30 Vogelarten.
Das Gebiet gefiel uns so sehr, dass wir gleich an drei Abenden unserer Quarantäne verschiedene Wanderwege ausprobierten und dabei auch einen Vulkankrater besteigten.
GPS: 64.0675°, -21.764167° (OpenStreetMap, Google Maps)
Aurora Borealis
In der Nacht fuhren wir dann an unseren altbekannten Nordlicht-Spot, wo wir bereits 2015 und 2017 Aurora Borealis bewundert haben. Auch in diesem Jahr hatten wir wieder Glück und konnten die bisher prächtigsten Nordlichter über Island beobachten! So langsam erwies sich die Quarantäne als Glücksfall für uns.
GPS: 63.930098°, -21.994430° (OpenStreetMap, Google Maps)
Reykjavík
Den vorraussichtlich letzten Abend unserer Quarantäne nutzten wir, um durch das menschenleere Reykjavík zu spazieren. Die sonst mit Touristen vollgestopfte Hauptstadt wirkte fast wie eine Geisterstadt. Selbst die sonst total überlaufenden Spots waren einfach komplett leer. Ein krasses Erlebnis. Und zwei Meter Abstand halten war so auch sehr einfach.
GPS: 64.146222°, -21.932859° (OpenStreetMap, Google Maps)
Zweiter COVID-19-Test
Am Morgen des 6. Tages in Island war es dann soweit, der zweite COVID-19-Test und damit das Ende der Quarantäne stand an. Wir checkten um 9:30 Uhr aus unserer Unterkunft aus und fuhren zum COVID-Testcenter in Reykjavík. Dort ging es genauso fix wie am Flughafen, nach nur 5 Minuten waren wir bereits fertig.
Nun hieß es auf das Testergebnis warten. Nach unserem Test am Flughafen dauerte es ca. 5 Stunden bis das Ergebnis per SMS eintraf. Also fuhren wir mit unserem Campervan auf einen Parkplatz ausserhalb Reykjavíks und während wir dort auf das Ergebnis warteten, sortierten wir unsere Koffer in die Fächer unseres Campervans ein.
Nur drei Stunden nach unserem Test kam dann schon die ersehnte SMS, die über das Ende unserer Quarantäne entschied. Aber ob unser zweiter COVID-19-Test ebenfalls negativ war und unsere Quarantäne damit aufgehoben erfahrt ihr im nächsten Artikel dieses Reiseberichts!
GPS: 64.134812°, -21.872811° (OpenStreetMap, Google Maps)
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